25.02.2020 Wie Schulen mit der Masern-Impfpflicht umgehen 

Liebe Leserinnen, liebe Leser, guten Morgen,  
so langsam können Sie Ihr Partyhütchen und die Pappnase wieder in den Schrank räumen. Am Veilchendienstag kehren wohl auch die letzten Jecken in die Schule und an den Arbeitsplatz zurück. Und für alle, die nicht im Karnevalsgebiet wohnen (so wie wir in der Hamburger Redaktion): War was?  

Kinder, die ihre Lehrer und Erzieherinnen mal so richtig schocken wollen, hätten sich zu Karneval einfach eine hübsche Sammlung roter Punkte ins Gesicht schminken können. Die Masern-Impfpflicht gilt ja schließlich erst ab dem 1. März. Welche Konsequenzen sich daraus für Bildungseinrichtungen ergeben, lesen Sie unter “Das ist los”.  

Stefanie Hubig, SPD-Bildungsministerin aus Rheinland-Pfalz, ist seit wenigen Wochen Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK). In dieser kurzen Zeit sorgte sie allerdings schon für mehr Aufsehen als so manche ihrer Vorgänger. Zunächst forderte sie mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Lehrermangel, dann sagte sie, im Streit um die Sommerferien-Regelung sollten Bayern und Baden-Württemberg möglicherweise ihren Willen bekommen und ihre späten Ferientermine behalten. Hubig kommentierte spitz: Die anderen Länder müssten dann eben “die Klügeren sein und nachgeben”. Nun schlug sie vor, Mädchen und Jungen im naturwissenschaftlichen Unterricht zeitweise zu trennen. Ein Fehler, schreibt SPIEGEL-Redakteurin Miriam Olbrisch in ihrem Kommentar (“Debatte der Woche”).  

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Das Team von "Kleine Pause" 
Susmita Arp, Silke Fokken, Armin Himmelrath, Miriam Olbrisch 

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Das ist los

1. Impfpflicht gegen Masern kommt 

Ab Anfang März müssen Kitas und Schulen in Deutschland sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche, aber auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegen Masern geimpft sind. Doch was tun, wenn kein Schutz vorliegt? Während Kitas ungeimpfte Kinder ablehnen können (und künftig wohl auch müssen), gilt bei Schülerinnen und Schülern die Schulpflicht. Was wiegt schwerer? Mit dieser Frage hat sich Armin Himmelrath beschäftigt

2. Lehrkräfte verlassen Niedersachsen 

Niedersachsen laufen die Lehrkräfte davon. Wie Radio Bremen meldet, gab es 2019 rund 1120 Anträge auf Versetzung in ein anderes Bundesland. Ein Jahr zuvor waren es der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zufolge rund 100 Anträge weniger, im Jahr 2014 sogar nur etwas mehr als die Hälfte. Die Gewerkschaft führt den Anstieg darauf zurück, dass viele Lehrkräfte in den Nachbarländern besser bezahlt werden und fordert eine Angleichung der Gehälter. Das Kultusministerium in Hannover hingegen glaubt, die Gründe für einen Wechselwunsch seien vor allem privater Natur wie “Familienzusammenführungen und die Pflege von Angehörigen”. 

3. "Lernsieg” ist wieder online 

Die umstrittene Lehrerbewertungs-App "Lernsieg", die im vergangenen Herbst in Deutschland und Österreich für Diskussionen und Kritik gesorgt hat, ist wieder online. Die App startete erstmals im November 2019, wurde allerdings schon vier Tage später wieder vom Netz genommen. Gewerkschaften und Lehrerverbände waren dagegen Sturm gelaufen. Schülerinnen und Schüler können in der App anonym ihre Lehrkräfte und ganze Schulen bewerten. Die Urteile stehen öffentlich und für jeden einsehbar im Netz.  

Gut zu wissen

Fast ein Viertel aller Schülerinnen und Schüler in Hessen zeigt psychische Auffälligkeiten. Das hat der Kinder- und Jugendreport der Krankenkasse DAK-Gesundheit für das Bundesland ergeben. Wissenschaftler der Universität Bielefeld haben dazu Abrechnungsdaten von mehr als 90 000 minderjährigen Versicherten aus den Jahren 2016 und 2017 untersucht. Besonders hoch ist der Leidensdruck bei den 15- bis 17-Jährigen. 3,9 Prozent von ihnen kämpfen mit Depressionen, 2,7 Prozent mit Angststörungen. Das bedeutet: Unter 52 Schülerinnen und Schülern der elften Klasse sind statistisch gesehen zwei wegen einer Depression in ärztlicher Behandlung, Mädchen sind dabei rund dreimal häufiger betroffen als Jungen. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit einer diagnostizierten Depression um zehn Prozent. Wie sich Depressionen bei Kindern zeigen können, haben unsere Kollegen von SPIEGEL Plus beschrieben (€). 

Debatte der Woche

Mädchen brauchen keinen Schutzraum! 

Mädchen und Jungen sollten in Mathe und Naturwissenschaften getrennt lernen - das schlug die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz vor. Sie liegt falsch, findet Miriam Olbrisch. 

Mädchen und Jungen sind nicht gleich. Gerade in Naturwissenschaften, so berichten es Lehrkräfte immer wieder, preschten Jungen gern vor. Sie hätten das Tüfteln und Werkeln, das Ausprobieren und Experimentieren oft mit ihren Vätern von klein auf trainiert, so das Argument. Gleichzeitig seien Mädchen oft zurückhaltend, überlegter. Einfach mal machen, auch wenn’s knallt, das käme ihnen seltener in den Sinn. Manche fühlten sich auch vom Tatendrang der Jungen eingeschüchtert. Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), hat deshalb nun vorgeschlagen, Mädchen und Jungen in Fächern wie Mathematik und Physik phasenweise zu trennen. Doch Mädchen brauchen keinen Extra-Unterricht. Zahlreiche Bildungsstudien zeigen: Sie sind ihren männlichen Mitschülern in den meisten Fächern längst überlegen.  

Wenn überhaupt, dann brauchen Mädchen Nachhilfe in Selbstbewusstsein – damit sie auf sich und ihre Fähigkeiten vertrauen und häufiger in Erwägung ziehen, nach der Schule einen naturwissenschaftlich-technischen Beruf zu ergreifen. Doch wer Schülerinnen in einen Schutzraum steckt, suggeriert ihnen vor allem, dass sie dem Wettbewerb mit ihren männlichen Mitschülern nicht gewachsen seien: ein fatales Signal.  

Was denken Sie: Kann getrennter Unterricht für Jungen und Mädchen sinnvoll sein? Schreiben Sie uns an bildung@spiegel.de. 

Neues von SPIEGEL Ed 

Neue Erklärvideos im Video-Glossar 

Wie funktioniert Fact-Checking? Worauf muss geachtet werden, wenn Nachrichten überprüft werden? Und wie verhalte ich mich bei Beleidigungen und Hass im Netz richtig? Johanna Röhr und Henrik Neumann erklären in zwei neuen Videos wichtige Begriffe aus der Medien- und Nachrichtenwelt. Die Erklärvideos zu den Themen Fact-Checking und Hasskommentare finden Sie ab sofort im Video-Glossar auf www.spiegel-ed.de oder hier.
 
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