Die Coronazahlen gehen runter, die Temperaturen gehen rauf, und das Schuljahr geht zu Ende. Müssen die Schülerinnen und Schüler auch an den letzten Tagen vor den Ferien mit einem Mund-Nasen-Schutz im Unterricht sitzen, oder können sie die Masken endlich in ihren Rucksäcken verschwinden lassen? Einige Bundesländer haben die Masken bereits aus den Klassenzimmern verbannt, doch den Deutschen Lehrerverband scheint das so richtig zu ärgern (»Das ist los«).
Eltern regen sich derweil über die Notenvergabe auf: Können Lehrkräfte überhaupt fair bewerten, wenn sie nicht sichergehen können, ob die Schülerinnen und Schüler ihre Aufgaben zu Hause mit oder ohne Hilfe erledigt haben? Ein Anwalt aus Hamburg rechnet bereits mit einer Klagewelle (»Debatte der Woche«). Wie gut ist es überhaupt, wenn Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen? Diese Fragen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU München beantwortet (»Gut zu wissen«).
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Das Team von »Kleine Pause«
Silke Fokken, Kristin Haug, Armin Himmelrath, Miriam Olbrisch
Das ist los
1. Ohne Masken?
Wegen der stark gesunkenen Coronazahlen wird in Deutschland verstärkt über die Maskenpflicht diskutiert, vor allem auch an Schulen. Katja Suding, die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, hält die Pflicht in den Klassenzimmern inzwischen für unverhältnismäßig: »Wenn Luftfilter und Tests an Schulen konsequent und flächendeckend eingesetzt werden, können wir Schülern – gerade bei steigenden Temperaturen – das stundenlange Tragen von Masken nicht länger zumuten.«
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sprach sich gegen eine Aufhebung der Maskenpflicht aus. Die Hälfte aller Lehrkräfte sei noch nicht vollständig geimpft, so Meidinger, zudem sei die Gefahr einer vierten Welle wegen der zunächst in Indien entdeckten Delta-Variante des Virus auch für Deutschland nicht völlig auszuschließen. Einige Bundesländer hatten bereits in der vergangenen Woche entschieden, die Maskenpflicht im Unterricht aufzuheben, wie etwa Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.
2. Ohne Marlis
Marlis Tepe hat der »Neuen Osnabrücker Zeitung« einmal gesagt, auch Geflüchtete könnten als Lehrkräfte oder Erzieherinnen und Erzieher arbeiten. Auf das, was danach kam, war sie nicht vorbereitet. Sie erhielt Mails mit Vergewaltigungsdrohungen und der Aufforderung, sich aufzuhängen. »Ich habe eine Zeit gebraucht, um das zu verarbeiten«, sagte sie nun im Interview mit dem SPIEGEL. Viele Jahre führte sie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Nun hat sie das Amt abgegeben und zieht Bilanz über die großen Fehler der Bildungspolitik: »Es kann doch nicht sein, dass es vom Wohnort eines Kindes abhängt, wie gut das Bildungs- und Betreuungsangebot ausfällt.« Das gesamte Interview lesen Sie hier.
3. Ohne Verwahranstalten
Für künftige Schülerinnen und Schüler rückt der Rechtsanspruch auf eine Betreuung von acht Stunden am Tag näher. Kinder, die ab dem Jahr 2026 eingeschult werden, sollen laut Bundestag nämlich so lange betreut werden können – auch in den Sommerferien. »Das ist ein wichtiges Signal an die Kinder und Familien in unserem Land, die gerade in den letzten Monaten großen Belastungen ausgesetzt waren«, sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nach der Entscheidung. Nun muss noch der Bundesrat zustimmen.
Über die Qualität der Betreuung ist damit noch nichts gesagt – doch auch die muss in den Blick genommen werden, wie der Bundesgeschäftsführer des Kinderhilfswerks, Holger Hofmann, fordert – damit die Ganztagsbetreuung nicht in »mittelmäßigen Verwahranstalten endet«.
Und sonst noch?
Kinder unterscheiden sich schon wenige Monate nach der Geburt deutlich in ihren Fähigkeiten. Von Jahr zu Jahr reißt der Herkunftsspalt weiter auf – bis die Kinder eingeschult werden. Zu dieser Erkenntnis kommt der Soziologe Jan Skopek in seinem Aufsatz »Socioeconomic Inequality in Children's Achievement from Infancy to Adolescence: The Case of Germany«, über den die »Zeit« berichtet. Der Heimvorteil eines Kindes aus einer privilegierten Familie schlägt also am stärksten in den ersten sechs Jahren vor der Schule zu Buche. »Wer etwas gegen die Bildungsungleichheit unternehmen will, muss in dieser Zeit tätig werden«, sagt Skopek. »Kinder, deren Eltern sie regelmäßig zu Würfelspielen oder Zahlenrätseln herausfordern, haben in der Schule im Schnitt bessere Mathenoten«, wie Forscher aus Würzburg herausfanden, heißt es weiter in der »Zeit«.
Gut zu wissen
Wie hilfreich ist es, wenn Eltern mit ihren Kindern für die Schule lernen? Zu dieser Frage hat ein Forscherteam der TU München eine umfangreiche Metastudie erstellt – mit erstaunlichen Erkenntnissen. Demnach führt das gemeinsame Lernen nicht unbedingt zu besseren Leistungen, wirkt sich aber positiv auf die Motivation aus. Von einer regelmäßigen Kontrolle der Hausaufgaben durch die Eltern raten die Expertinnen und Experten sogar ab. Hilfreich sei es hingegen, wenn Eltern eine angenehme Lernumgebung schafften – und wenn sie sich selbst in der Schule ihrer Kinder engagierten, etwa im Elternbeirat.
Debatte der Woche
Wie gerecht können Zeugnisnoten am Ende dieses Coronaschuljahres sein – und wie rechtssicher? Der Hamburger Rechtsanwalt Alexander Münch gibt Antworten.
SPIEGEL: Herr Münch, viele Schülerinnen und Schüler konnten wegen der Pandemie viele Wochen lang nicht in die Schule gehen. Wie sollen Lehrkräfte da gerecht benoten?
Münch: In deren Haut möchte ich nicht stecken. Es wird schwer, Noten zu geben, die den tatsächlichen Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler abbilden.
SPIEGEL: Wie meinen Sie das?
Münch: In Hamburg, wo ich tätig bin, wurde in vielen Klassenstufen die Anzahl der Klassenarbeiten reduziert. Stattdessen werden Aufgaben, die Kinder und Jugendliche zu Hause angefertigt haben, in die Benotung einbezogen. Dabei kann man gar nicht sicher sagen, ob die Schülerinnen und Schüler die Leistung selbst und eigenständig erbracht haben. Das halte ich für problematisch.
SPIEGEL: Weil Täuschungen möglich sind?
Münch: Auch. Ich sehe zudem das Prinzip der Chancengleichheit verletzt. Die Lernumgebungen zu Hause sind sehr unterschiedlich. Zudem durften Kinder und Jugendliche zum Teil freiwillig zusätzliche Klausuren schreiben. Die Bewertungsgrundlagen sind also von Schüler zu Schüler sehr unterschiedlich.
SPIEGEL: Erwarten Sie, dass Eltern rechtlich gegen die Zeugnisnoten ihrer Kinder vorgehen werden?
Münch: Ja. Ich kann mir das gut vorstellen – vor allen in den Klassenstufen sechs und zehn, wenn es um den Verbleib auf dem Gymnasium oder den Übergang in die Oberstufe geht.
Wie blicken Sie auf die Vergabe von Zeugnisnoten nach diesem besonderen Schuljahr? Erzählen Sie uns gern von Ihren Erfahrungen, und schreiben Sie an bildung@spiegel.de.
Die gute Nachricht zum Schluss
… ist ein YouTube-Ausschnitt mit Ed Sheeran. Der heute 30-jährige Brite ist darin zu sehen, wie er mit 15 Jahren bei einer Schulaufführung des Musicals »Grease« die Rolle des Roger spielt. Wer mehr sehen will, kann nun eine DVD mit der knapp zweistündigen Aufnahme ergattern. Die Versteigerung des Londoner Auktionshauses Omega Auctions ist für den 29. Juni geplant.
Das war's für dieses Mal. Das Team der »Kleinen Pause« geht in die Sommerferien und meldet sich im August zurück.
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