06.04.2021 Bitte die Nerven behalten

Coronatests sollen den Präsenzunterricht sichern. Die Länder bieten sie inzwischen weiträumig an den Schulen an, einige von ihnen verpflichten zum Test. Doch reicht das aus – oder kommen mit einem »Brücken-Lockdown« doch wieder härtere Maßnahmen?

An diesem Dienstag nach Ostern werden viele Schülerinnen und Schüler mal wieder zu Hause bleiben. In manchen Ländern sind noch Ferien, in anderen könnten die Inzidenzen so hoch sein, dass die Schulgebäude geschlossen bleiben, und an manchen Orten gibt es vielleicht sogar schneefrei.

Dort, wo die Schülerinnen und Schüler tatsächlich einen Klassenraum von innen sehen dürfen, steht vermutlich als Erstes ein wichtiges Fach auf dem Stundenplan: das Testen. Die Schulen bieten den Kindern und Jugendlichen fast überall einen solchen Test; einige Länder verpflichten dazu, Verweigerer werden vom Präsenzunterricht ausgeschlossen. Doch wie sinnvoll sind Tests überhaupt, wenn sie nur eine Aussagekraft für sechs bis zwölf Stunden haben? (»Das ist los«).

Übrigens: Nur weil Kinder seltener in die Schule gehen dürfen, ist das Schwänzen nicht Vergangenheit. Hamburg hat in diesem Jahr schon 291 Strafen verhängt, weil Schülerinnen und Schüler geschwänzt haben (»Und sonst noch«). Eltern in Bayern übrigens sind einer aktuellen Umfrage zufolge ziemlich unzufrieden mit dem Unterricht, mehr als die Hälfte findet, die Schulen hätten ihre Kinder nicht gut genug auf das Homeschooling vorbereitet (»Gut zu wissen«).

Kommen Sie gut durch den Wintereinbruch – und wenn Sie gute Vorschläge, Erfahrungen oder ihren Ärger rund ums Testen oder den Wechselunterricht loswerden möchten, schreiben Sie uns.

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Das Team von »Kleine Pause«

Silke Fokken, Kristin Haug und Armin Himmelrath

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Das ist los

1. Aufs Notwendige konzentrieren

Der CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat ein neues Wort kreiert: den »Brücken-Lockdown« – einen härteren Lockdown, der innerhalb von zwei bis drei Wochen die Inzidenz nach unten drücken soll. Zu den Schulen sagte Laschet, man müsse sich auf das Notwendige konzentrieren. Was aber meint er? Auch wir wissen es leider (noch) nicht, die Schulen konzentrieren sich ja bereits seit mehr als einem Jahr auf das Notwendige.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) jedenfalls klingt nicht viel optimistischer. »Es werden in den Schulen noch einmal ganz schwierige Wochen, in denen ein Präsenzunterricht leider immer wieder am seidenen Faden hängen wird«, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

2. Abiprüfungen – oder auch nicht

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat die Osterfeiertage genutzt, um den Abiturientinnen und Abiturienten in ihre Lernvorbereitung zu grätschen: »Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen«, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Widerspruch folgte prompt von vielen Seiten. Alle, die in diesem Jahr ein Abitur haben wollen, sollten wohl besser erst einmal weiterlernen.

3. Nicht die Nerven verlieren

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und sein Kollege aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, haben vor Ostern einen Brief an ihre 14 Mitstreiter aus den anderen Ländern geschrieben. Sie plädieren darin für eine Testpflicht an den Schulen.

Daniel Günther aus Schleswig-Holstein wundert sich über den Brief: »Die Kollegen sollten jetzt nicht die Nerven verlieren«, sagte Günther. Sein Land habe bereits regelmäßige Tests als Voraussetzung für Präsenzunterricht nach den Ferien eingeführt, »die Herren Söder und Kretschmann wollen darüber reden«.

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer dürfte sich über das Schreiben von Söder und Kretschmann wundern, dort gilt schon seit Mitte März die Testpflicht.

4. … aber wie sinnvoll ist sie überhaupt?

In den Schulen kommen Coronaschnelltests zum Einsatz, obwohl die Hälfte der Coronapositiven eventuell gar nicht erwischt werden, sagt Volkmar Weckesser vom Rostocker Unternehmen Centogene, das Schnelltests herstellt. Die Tests hätten ohnehin nur eine Aussagekraft für sechs bis zwölf Stunden. »Man kann alle Schüler morgens mit einem Antigentest testen, muss ihnen aber einbläuen, dass sie schon am Nachmittag infektiös sein können.« Eine interessante Information, die zum Nachdenken anregen sollte: Ist es also überhaupt sinnvoll, die Schülerinnen und Schüler mit Schnelltests zu testen? Das Interview unseres Kollegen Martin U. Müller lesen Sie hier.

Und sonst noch?

Trotz des Lockdowns hat die Hamburger Schulbehörde in den ersten drei Monaten des Jahres ordentlich Bußgelder wegen Schulschwänzens verhängt, und zwar 291-mal. Das geht aus einer Anfrage der Linken-Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus hervor, wie die »taz« berichtet.

Demnach bearbeite die Rechtsabteilung derzeit 278 Fälle, die noch zu einem Bußgeld führen könnten. In 291 Fällen sei das bereits geschehen. Setzte sich diese Quote das ganze Jahr über fort, würden mit 1164 Fällen etwa 20 Prozent mehr Bußgelder verhängt als im Vor-Corona-Jahr 2018 mit 973 Fällen.

Schulpolitikerin Boeddinghaus sagt, schon vor Corona sei das Bußgeld nicht das »pädagogische Mittel der Wahl« gewesen. Dass die Behörde daran auch in der Pandemie festhalte, sei »brutal«. Die »schnoddrigen Senatsantworten« bezüglich der Lebenslage der jungen Menschen machten sie sprachlos.

Gut zu wissen

Ein Großteil der Eltern in Bayern ist mit dem Schulunterricht ihrer Kinder in der Coronapandemie unzufrieden. Das ist das Ergebnis einer Civey-Umfrage im Auftrag von BR24. Demnach geben knapp zwei Drittel der Eltern (62,3 Prozent) an, nicht zufrieden mit dem Unterricht ihrer Kinder zu sein, 40,5 Prozent sind sogar »gar nicht zufrieden«. Über die Hälfte der befragten Eltern (53,8 Prozent) sind der Ansicht, dass die Schulen ihrer Kinder nicht gut auf das Homeschooling vorbereitet waren. 35,7 Prozent bezeichnen die Vorbereitung sogar als »gar nicht gut«.

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